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German
Fairy Tales
Aschenputtel
Edited
by Eugene R. Moutoux
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auslesen
(ie; a, e) - choose, pick
out
aussehen (ie; a, e) - look, appear
beistehen (a, a) (w/ dat.) - stand by, assist
r Busch (¨-e) - bush; shrub
darum - for that reason, therefore
e Erbse (-n) - pea
s Frühjahr (-e) - spring
garstig - nasty, vile
s Grab (¨-er) - grave
r Haselbusch (¨-e)
- hazel bush
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r Herd (-e) - fireplace; kitchen range
r Hut (¨-e) - hat
r Kittel (-) - smock
e Küche (-n) -
kitchen
e Linse (-n) - lentil
e Messe (-n) - fair; mass
pflanzen - plant
e Prinzessin (-nen) - princesss
s Reis (-er) - twig
r Rückweg (-e) -
the way back, return (route)
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schmutzig - dirty
r Schnee - snow
schütten - pour; spill
staubig - dusty
s Stiefkind (-er) - stepchild
die Stiefschwester (-n) - ste-p sister
e Stieftochter (¨) - stepdaughter
wachsen (ä; u, a) - grow
waschen (ä; u, a) - wash
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Einem reichen Manne, dem wurde seine Frau
krank, und als sie fühlte, daß ihr Ende herankam, rief sie ihr
einziges Töchterlein zu sich ans Bett und sprach: "Liebes
Kind, bleibe fromm und gut, so wird dir der liebe Gott immer
beistehen, und ich will vom Himmel auf dich herabblicken, und
will um dich sein." Darauf tat sie die Augen zu und
verschied.
Das Mädchen ging jeden Tag hinaus zu dem
Grabe der Mutter und weinte, und blieb fromm und gut. Als der
Winter kam, deckte der Schnee ein weißes Tüchlein auf das
Grab, und als die Sonne im Frühjahr es wieder herabgezogen
hatte, nahm sich der Mann eine andere Frau.
Die Frau hatte zwei Töchter mit ins Haus ge-
bracht, die schön und weiß von Angesicht waren, aber garstig
und schwarz von Herzen. Da ging eine schlimme Zeit für das arme
Stiefkind an. "Soll die dumme Gans bei uns in der Stube
sitzen!’ sprachen sie. "Wer Brot essen will, muß es
verdienen. Hinaus mit der Küchenmagd."
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Einem
reichen Mann...krank: The
wife of a wealthy man became sick
/ fromm: pious
/ tat zu: closed
/ verschied: died
/ herabgezogen: removed
/ Angesicht: countenance
/ ging an: began
/ Küchenmagd: kitchen maid
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Sie nahmen ihr die schönen Kleider weg,
zogen ihr einen grauen alten Kittel an, und gaben ihr hölzerne
Schuhe. "Seht einmal die stolze Prinzessin, wie sie geputzt
ist!" riefen sie, lachten und führten sie in die Küche.
Da mußte sie von Morgen bis Abend schwere Arbeit tun, früh vor
Tag aufstehen, Wasser tragen, Feuer anmachen, kochen und waschen.
Obendrein taten ihr die Schwestern alles ersinnliche
Herzeleid an, verspotteten sie und schütteten ihr die Erbsen
und Linsen in die Asche, so daß sie sitzen und sie wieder
auslesen mußte. Abends, wenn sie sich müde gearbeitet hatte,
kam sie in kein Bett, sondern mußte sich neben den Herd in die
Asche legen. Und weil sie darum immer staubig und schmutzig
aussah, nannten sie sie Aschenputtel.
Es trug sich zu, daß der Vater einmal in die
Messe ziehen wollte, da fragte er die beiden Stieftöchter, was
er ihnen mitbringen sollte. "Schöne Kleider", sagte
die eine, "Perlen und Edelsteine", die zweite.
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wie sie geputzt
ist:
how well attired she is
/ taten ihr alles ersinnliche Herzeleid an: caused her
every imaginable heartache
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"Aber du, Aschenputtel", sprach er,
"was willst du haben?"
"Vater, das erste Reis, das Euch auf
Eurem Heimweg an den Hut stößt, das brecht für mich ab."
Er kaufte nun für die beiden Stiefschwestern
schöne Kleider, Perlen und Edelsteine, und auf dem Rückweg,
als er durch einen grünen Busch ritt, streifte ihn ein
Haselreis und stieß ihm den Hut ab. Da brach er das Reis ab und
nahm es mit.
Als er nach Hause kam, gab er den Stieftöchtern,
was sie sich gewünscht hatten, und Aschenputtel gab er das Reis
von dem Haselbusch. Aschenputtel dankte ihm, ging zu ihrer
Mutter Grab und pflanzte das Reis darauf, und weinte so sehr, daß
die Tränen darauf niederfielen und es begossen.
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auf
Eurem Heimweg: on your way home
/ streifte: brushed
/ stieß ihm den Hut ab: knocked his hat off
/ begossen: watered
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Er wuchs aber und wurde ein
schöner Baum. Aschenputtel ging alle Tage dreimal darunter,
weinte und betete, und allemal kam ein weißes Vöglein auf den
Baum, und wenn sie einen Wunsch aussprach, so warf ihr das Vöglein
herab, was sie sich gewünscht hatte. |
allemal:
every
time
/ aussprach: expressed
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Beantworten
Sie die folgenden Fragen!
1. Was versprach Aschenputtels Mutter, als sie im
Sterben lag?
2. Wohin ging Aschenputtel jeden Tag?
3. Wann nahm ihr Vater eine andere Frau?
4. Wie sahen die Töchter von der neuen Frau
aus?
5. Was für Kleider zogen sie Aschenputtel an?
6. Welche Arbeit mußte Aschenputtel von nun an
tun?
7. Warum schütteten die Stiefschwestern Erbsen und
Linsen in die Asche?
8. Wo mußte Aschenputtel
schlafen?
9. Was sollte der Vater den Stieftöchtern und Aschenputtel von der
Messe zurückbringen?
10. Was machte Aschenputtel mit dem Haselreis, das
der Vater ihr gab?
11. Was machte sie dreimal pro Tag unter dem
Haselbäumchen?
12. Was für ein Tier kam
jedesmal?
13. Wie bekam Aschenputtel die Sachen, die sie sich
wünschte?
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auslachen
- laugh at, deride,
ridicule
aussuchen - select, choose begleiten - accompany
bürsten - brush
in aller Eile - in great haste
entgegenkommen (kam entgegen, o) (w/ dat.) - come to meet
entwischen (w/ dat.) - slip away from, escape from
entzweischlagen (ä; u, a) - smash, shatter
erstaunen - be amazed, be astonished
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festmachen
- attach, fasten; fix,
settle
fremd -
foreign; strange
gehorchen (w/ dat.) -
obey
herum - over, finished
hinten - in the back, at the rear
e Hintertür (-en) - back door
e Jungfrau (-en) - maiden; virgin
kämmen - comb
r Kopf (¨-e) - head
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e Öllampe
(-n)
- oil lamp
r Pantoffel (-n)
- slipper
sich schämen (w/ gen.)
- be ashamed of
r Schmutz
- dirt, filth
e Schnalle (-n)
- buckle
s Silber
- silver
r Staub
- dust
e Tänzerin (-nen)
- dancer (f.)
zahm
- tame
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Es begab sich aber, daß der König ein Fest
anstellte, das drei Tage dauern sollte, und wozu alle schönen
Jungfrauen im Lande eingeladen wurden, damit sich sein Sohn eine
Braut aussuchen möchte. Die zwei Stiefschwestern, als sie hörten,
daß sie auch dabei erscheinen sollten, waren guter Dinge,
riefen Aschenputtel und sagten: "Kämm uns die Haare, bürste
uns die Schuhe und mache uns die Schnallen fest, wir gehen zur
Hochzeit auf des Königs Schloß."
Aschenputtel gehorchte, weinte aber, weil sie
auch gern zum Tanz mitgegangen wäre, und bat die Stiefmutter,
sie möchte es ihr erlauben. "Du Aschenputtel", sprach
sie, "bist voll Staub und Schmutz, und willst zur Hochzeit?
Du hast keine Kleider und Schuhe, und willst tanzen!"
Als sie aber mit Bitten anhielt, sprach sie
endlich: "Da habe ich dir eine Schüssel Linsen in die
Asche geschüttet. Wenn du die Linsen in zwei Stunden wieder
ausgelesen hast, so sollst du mitgehen."
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anstellte:
put on (arranged) / waren guter Dinge: were in high spirits
/ anhielt: persisted
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Das Mädchen ging durch die Hintertür nach
dem Garten und rief: "Ihr zahmen Täubchen, ihr Turteltäubchen,
all ihr Vöglein unter dem Himmel, kommt und helft mir lesen,
die guten ins Töpfchen,
die schlechten ins Kröpfchen."
Da kamen zum Küchenfenster zwei weiße Täubchen
herein, und danach die Turteltäubchen, und endlich schwirrten
und schwärmten alle Vöglein unter dem Himmel herein und ließen
sich um die Asche nieder. Und die Täubchen nickten mit den Köpfchen
und fingen an pick, pick, pick, pick, und da fingen die übrigen
auch an pick, pick, pick, pick, und lasen alle guten Körnlein
in die Schüssel. Kaum war eine Stunde herum, so waren sie schon
fertig und flogen alle wieder hinaus.
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Turteltäubchen:
turtle-doves
/ lesen: gather
/ Kröpfchen: craw
/ schwirrten: whirred
/ schwärmten: swarmed
/ pick: peck
/ lasen: gathered
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Da brachte das Mädchen die Schüssel der
Stiefmutter, freute sich und glaubte, sie dürfte nun mit auf
die Hochzeit gehen. Aber sie sprach: "Nein, Aschenputtel,
du hast keine Kleider, und kannst nicht tanzen; du wirst nur
ausgelacht."
Als sie nun weinte, sprach die Stiefmutter:
"Wenn du mir zwei Schüsseln voll Linsen in einer Stunde
aus der Asche rein lesen kannst, so sollst du mitgehen",
und dachte: "Das kann sie ja nimmermehr."
Als die Stiefmutter die zwei Schüsseln
Linsen in die Asche geschüttet hatte, ging das Mädchen durch
die Hintertür nach dem Garten und rief: "Ihr zahmen Täubchen,
ihr Turteltäubchen, all ihr Vöglein unter dem Himmel, kommt
und helft mir lesen,
die guten ins Töpfchen,
die schlechten ins Kröpfchen."
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rein lesen:
pick neatly
/ nimmermehr: never
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Da kamen zum Küchenfenster zwei weiße Täubchen
herein und danach die Turteltäubchen, und endlich schwirrten
und schwärmten alle Vögel unter dem Himmel herein und ließen
sich um die Asche nieder. Und die Täubchen nickten mit ihren Köpfchen
und fingen an pick, pick, pick, pick, und da fingen die übrigen
auch an pick, pick, pick, pick, und lasen alle guten Körner in
die Schüsseln. Und ehe eine halbe Stunde herum war, waren sie
schon fertig, und flogen alle wieder hinaus.
Da trug das Mädchen die Schüsseln zu der
Stiefmutter, freute sich und glaubte, nun dürfte sie mit auf
die Hochzeit gehen. Aber die Stiefmutter sprach: "Es hilft
dir alles nichts. Du kommst nicht mit, denn du hast keine
Kleider und kannst nicht tanzen; wir müßten uns deiner schämen."
Darauf kehrte sie ihr den Rücken zu und eilte mit ihren zwei
stolzen Töchtern fort.
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Es hilft dir alles
nichts:
It's no use
/ kehrte ihr den Rücken zu: turned her back to her
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Als nun niemand mehr daheim war, ging
Aschenputtel zu ihrer Mutter Grab unter den Haselbaum und rief:
"Bäumchen, rüttel dich und schüttel
dich,
wirf Gold und Silber über mich."
Da warf ihr der Vogel ein goldenes und
silbernes Kleid herunter und mit Seide und Silber ausgestickte
Pantoffeln. In aller Eile zog sie das Kleid an und ging zur
Hochzeit.
Ihre Schwestern aber und die Stiefmutter
kannten sie nicht und meinten, sie müsse eine fremde Königstochter
sein, so schön sah sie in dem goldenen Kleide aus. An
Aschenputtel dachten sie gar nicht und dachten, sie säße
daheim im Schmutz und suchte die Linsen aus der Asche. Der Königssohn
kam ihr entgegen, nahm sie bei der Hand und tanzte mit ihr. Er
wollte auch sonst mit niemand tanzen, also daß er ihr die Hand
nicht losließ, und wenn ein anderer kam, sie aufzufordern,
sprach er: "Das ist meine Tänzerin."
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rüttel dich und
schüttel dich: shake / ausgestickt:
embroidered / sie aufzufordern: to ask her to dance
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Sie tanzte, bis es Abend war, da wollte sie
nach Haus gehen. Der Königssohn aber sprach: "Ich gehe mit
und begleite dich", denn er wollte sehen, wem das schöne Mädchen
angehörte. Sie entwischte ihm aber und sprang in das
Taubenhaus. Nun wartete der Königssohn, bis der Vater kam, und
sagte ihm, das fremde Mädchen wäre in das Taubenhaus
gesprungen.
Der Alte dachte: "Sollte es Aschenputtel
sein?" und sie mußten ihm Axt und Hacken bringen, damit er
das Taubenhaus entzweischlagen konnte; aber es war niemand
darin. Und als sie ins Haus kamen, lag Aschenputtel in ihren
schmutzigen Kleidern in der Asche, und ein trübes Öllämpchen
brannte im Schornstein; denn Aschenputtel war geschwind aus dem
Taubenhaus hinten herabgesprungen, und war zu dem Haselbäumchen
gelaufen. Da hatte sie die schönen Kleider abgezogen und aufs
Grab gelegt, und der Vogel hatte sie wieder weggenommen, und
dann hatte sie sich in ihrem grauen Kittelchen in die Küche zur
Asche gesetzt.
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angehörte:
belonged
/ Hacken: mattocks
/ trüb: dull
/ Schornstein: chimney
/ abgezogen: removed
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Am andern Tag, als das Fest von neuem anhub,
und die Eltern und Stiefschwestern wieder fort waren, ging
Aschenputtel zu dem Haselbaum und sprach:
"Bäumchen, rüttel dich und schüttel
dich.
wirf Gold und Silber über mich."
Da warf der Vogel ein noch viel stolzeres
Kleid herab als am vorigen Tag. Und als sie mit diesem Kleide
auf der Hochzeit erschien, erstaunte jedermann über ihre Schönheit.
Der Königssohn aber hatte gewartet, bis sie kam, nahm sie
gleich bei der Hand und tanzte nur allein mit ihr. Wenn die
andern kamen und sie aufforderten, sprach er: "Das ist
meine Tänzerin."
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anhub: began |
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Beantworten
Sie die folgenden Fragen!
1. Wen lud der König zum Feste
ein?
2. Wie reagierten die Stiefschwestern auf die
Einladung?
3. Warum weinte
Aschenputtel?
4. Warum lehnte die Stiefmutter Aschenputtels Bitte
ab?
5. Was mußte Aschenputtel tun, um zum Tanz gehen zu
dürfen?
6. Wer half ihr bei der Erfüllung dieser
Bedingung?
7. Warum hielt die Stiefmutter ihr Versprechen
nicht?
8. Wie unterschied sich die erste Bedingung der Stiefmutter von der
zweiten?
9. Wohin ging das traurige Aschenputtel, nachdem die
Stiefmutter und Stiefschwestern zum Tanz gegangen waren?
10. Was warf der Vogel ihr
herunter?
12. Wer erkannte das schön gekleidete
Aschenputtel?
13. Wie lange tanzte der Königssohn mit
ihr?
14. Was erwiderte der Königssohn, als Aschenputtel
ihm sagte, sie wolle jetzt gehen?
15. Was machte Aschenputtels Vater, als der Königssohn
ihm gesagt hatte, das fremde Mädchen sei ins Taubenhaus gesprungen?
16. Wohin ging Aschenputtel am nächsten Tag?
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anprobieren
- try on
r Ärger - anger
s Auge (-n) - eye
bestrafen - punish
bestreichen (i, i) - smear; coat
r Birnbaum (¨-e) - pear tree
e Birne (-n) - pear
bleich - pale
e Bosheit (-en) - wickedness durchaus - thoroughly
entspringen (a, u) (w/ dat.) - escape
|
e
Ferse (-n) - heel
fort (as verb prefix) - on; away, off; continuously
zu Fuß gehen - go on foot
s Gesicht (-er) - face
halten (hält; ie, a) - hold; stop; keep
hängenbleiben (ie, ie)
- get stuck
e Kirche (-n)
- church
links
- on the left
e List (-en)
- cunning; underhand
trick
s Messer (-) - knife
|
sich
neigen - bow
passen (w/ dat.) - fit
s Pech - pitch; bad luck
rechts - on the right
e Schulter (-n) - shoulder
steigen (ie, ie) - climb
r Strumpf (¨-e) - stocking
teilnehmen (nimmt teil; a, teilgenommen) an (w/ dat.) -
take part in, participate in
verstorben - deceased
e Zehe (-n) - toe
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Als es nun Abend war, wollte sie fort, und
der Königssohn ging ihr nach und wollte sehen, in welches Haus
sie ging. Aber sie sprang ihm fort und in den Garten hinter dem
Haus. Darin stand ein schöner großer Baum, an dem die
herrlichsten Birnen hingen. Sie kletterte so behend wie ein
Eichhörnchen zwischen die Äste, und der Königssohn wußte
nicht, wo sie hingekommen war. Er wartete aber, bis der Vater
kam, und sprach zu ihm: "Das fremde Mädchen ist mir
entwischt, und ich glaube, sie ist auf den Birnbaum
gesprungen."
Der Vater dachte: "Sollte es
Aschenputtel sein?" ließ sich die Axt holen und hieb den
Baum um, aber es war niemand darauf. Und als sie in die Küche
kamen, lag Aschenputtel da in der Asche, wie sonst auch, denn
sie war auf der andern Seite vom Baum herabgesprungen, hatte dem
Vogel auf dem Haselbäumchen die schönen Kleider wiedergebracht
und sein graues Kittelchen angezogen.
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ging
ihr nach: followed her
/ behend: nimbly
/ hieb um: felled
/ darauf: in it
/ wie sonst auch: as usual
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Am dritten Tag, als die Eltern und Schwestern
fort waren, ging Aschenputtel wieder zu ihrer Mutter Grab und
sprach zu dem Bäumchen:
"Bäumchen, rüttel dich unf schüttel
dich.
wirf Gold und Silber über mich."
Nun warf ihr der Vogel ein Kleid herab, das
so prächtig und glänzend war, wie sie noch keins gehabt hatte,
und die Pantoffeln waren ganz golden. Als sie in dem Kleid zu
der Hochzeit kam, wußten sie alle nicht, was sie vor
Verwunderung sagen sollten. Der Königssohn tanzte ganz allein
mit ihr, und wenn sie einer aufforderte, sprach er: "Das
ist meine Tänzerin."
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wußten
sie...sagen sollten: they were all so amazed that they
didn't know what to say |
Als es nun Abend war, wollte Aschenputtel
fort, und der Königssohn wollte sie begleiten, aber sie
entsprang ihm so geschwind, daß er nicht folgen konnte. Der Königssohn
hatte aber eine List gebraucht, und hatte die ganze Treppe mit
Pech bestreichen lassen. Da war, als sie hinabsprang, der linke
Pantoffel des Mädchens hängen geblieben. Der Königssohn hob
ihn auf, und er war klein und zierlich und ganz golden.
Am nächsten Morgen ging er damit zu dem König
und sagte zu ihm: "Keine andere soll meine Gemahlin werden
als die, an deren Fuß dieser goldene Schuh paßt."
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hatte...bestreichen
lassen: had had the
entire stairway smeared with piitch
/ zierlich: dainty
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Da freuten sich die beiden
Schwestern, denn sie hatten schöne Füße. Die älteste ging
mit dem Schuh in die Kammer und wollte ihn anprobieren, und die
Mutter stand dabei. Aber sie konnte mit der großen Zehe nicht
hineinkommen, und der Schuh war ihr zu klein. Da reichte ihr die
Mutter ein Messer und sprach: "Hau die Zehe
ab! Wenn du Königin bist, so brauchst du nicht mehr zu Fuß zu
gehen." Das Mädchen hieb die Zehe ab, zwängte den Fuß in
den Schuh, verbiß den Schmerz und ging heraus zum Königssohn.
Da nahm er sie als seine Braut aufs Pferd und ritt mit ihr fort.
Sie mußten aber an dem Grabe vorbei, da saßen
die zwei Täubchen auf dem Haselbäumchen und riefen:
"Rucke di guck, rucke di guck,
Blut ist im Schuck:
Der Schuck ist zu klein,
die rechte Braut sitzt noch daheim."
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zwängte:
forced / verbiß: suppressed
/ Rucke di guck = Rücke dich (und) guck: turn and
look / Schuck = Schuh
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Da blickte er auf ihren Fuß und sah, wie das
Blut herausquoll. Er wendete sein Pferd um, brachte die falsche
Braut wieder nach Hause und sagte, das wäre nicht die rechte,
die andere Schwester solle den Schuh anziehen.
Da ging diese in die Kammer und kam mit den
Zehen glücklich in den Schuh, aber die Ferse war zu groß. Da
reichte ihr die Mutter ein Messer und sprach: "Hau ein Stück
von der Ferse ab. Wenn du Königin bist, brauchst du nicht mehr
zu Fuß zu gehen." Das Mädchen hieb ein Stück von der
Ferse ab, zwängte den Fuß in den Schuh, verbiß den Schmerz
und ging heraus zum Königssohn. Da nahm er sie als seine Braut
aufs Pferd und ritt mit ihr fort.
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herausquoll:
gushed out
/ wendete um: turned...around
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Als sie an dem Haselbäumchen vorbeikamen, saßen
die zwei Täubchen darauf und riefen:
"Rucke di guck, rucke di guck.
Blut ist im Schuck:
Der Schuck ist zu klein,
die rechte Braut sitzt noch daheim."
Er blickte nieder auf ihren Fuß und sah, wie
das Blut aus dem Schuh quoll und an den weißen Strümpfen ganz
rot heraufgestiegen war. Da wendete er sein Pferd und brach- te
die falsche Braut wieder nach Haus.
"Das ist auch nicht die rechte",
sprach er. "Habt ihr keine andere Tochter?"
"Nein", sagte der Mann, "nur
von meiner verstorbenen Frau ist noch ein kleines verbuttetes
Aschenputtel da; sie kann unmöglich die Braut sein."
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verbuttet:
stunted
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Der Königssohn sprach, er sollte sie
heraufschicken.
Die Mutter aber antwortete: "Ach nein,
sie ist viel zu schmutzig, sie darf sich nicht sehen
lassen."
Er wollte sie aber durchaus haben, und Aschenputtel mußte
gerufen werden. Da wusch sie sich erst Hände und Angesicht
rein, ging dann hin und neigte sich vor
dem Königssohn, der ihr den goldenen Schuh reichte. Dann setzte
sie sich auf einen Schemel, zog den Fuß aus dem schweren
Holzschuh und steckte ihn in den Pantoffel; der war wie
angegossen. Und als sie sich in die Höhe richtete und der Königssohn
ihr ins Gesicht sah, so erkannte er das schöne Mädchen, das
mit ihm getanzt hatte, und rief: "Das ist die rechte
Braut." Die Stiefmutter und die beiden Schwestern
erschraken und wurden bleich vor Ärger. Er aber nahm
Aschenputtel aufs Pferd und ritt mit ihr fort.
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Angesicht:
face / Schemel: stool
/ wie angegossen: a perfect fit
/ sich in die Höhe richtete: stood up
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Als sie an dem Haselbäumchen vorbeikamen,
riefen die zwei weißen Täubchen:
"Rucke di guck, rucke di guck,
kein Blut ist im Schuck:
Der Schuck ist nicht zu klein,
die rechte Braut, die führt er heim."
Und als sie das gerufen hatten, kamen sie
beide herabgeflogen und setzten sich Aschenputtel auf die
Schultern, eine rechts, die andere links, und blieben da sitzen.
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Als die Hochzeit mit dem Königssohn
sollte gehalten werden, kamen die falschen Schwestern, wollten
sich einschmeicheln und teil an Aschenputtels Glück nehmen. Als
die Brautleute nun zur Kirche gingen, war die älteste zur
rechten, die jüngste zur linken Seite; da pickten die Tauben
einer jeden das eine Auge aus. Hernach, als sie herausgingen,
war die älteste zur linken und die jüngste zur rechten; da
pickten die Tauben einer jeden das andere Auge aus. Also waren
sie für ihre Bosheit und Falschheit mit Blindheit auf ihr
Lebtag bestraft. |
falsch:
deceitful / sich einschmeicheln: ingratiate themselves
/ Brautleute: bridal couple
/ pickten aus: pecked out
/ einer jeden: of each
/ Falschheit: deceitfulness
/ Blindheit auf ihr Lebtag: lifelong blindness
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Beantworten
Sie die folgenden Fragen!
1. Wohin ging Aschenputtel, als sie am zweiten Abend
dem Königssohn entwischt war?
2. Was machte der Vater, als der Königssohn sagte,
das fremde Mädchen sei auf den Birnbaum gesprungen?
3. Wie bekam Aschenputtel ihr graues Kittelchen
wieder?
4. Was für ein Kleid trug Aschenputtel am dritten Tag
des Festes?
5. Wie bekam der Königssohn den linken Pantoffel von
Aschenputtel?
6. Was sagte er am anderen Morgen zu dem
König?
7. Was machte die erste Stiefschwester, um den Fuß in den Schuh zu
bekommen?
8. Wie entdeckte der Königssohn, daß diese Stief-
schwester die falsche Braut sei?
9. Wie bekam die zweite Steifschwester den Fuß in
den Schuh?
10. Was machte der Königssohn, nachdem die Vögel
ihm gesagt hatten, die rechte Braut sitze noch daheim?
11. Warum mußte Aschenputtel gerufen
werden?
12. Warum war es ihr nicht schwer, sich den Pantoffel
anzuziehen?
13. Wohin setzte der Königssohn die rechte
Braut?
14. Was sagten die Vögel, als die beiden an dem
Haselbäumchen vorbeiritten?
15. Wohin setzten sich die beiden
Vögel?
16. Warum kamen die Stiefschwestern zu der
Hochzeit?
17. Was machten die Tauben, als die Brautleute zur
Kirche gingen?
18. Wie ist es den beiden Schiefschwestern ergangen,
als sie aus der Kirche herauskamen?
19. Warum wurden sie bestraft?
* * * * *
Vergleichen Sie die
Grimm-Fassung von "Aschenputtel" mit der verschönerten
Disney-Fassung! Welche Fassung gefällt Ihnen besser? Warum?
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Getting with Grammar
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Sometimes one cannot use the "motion
toward" rule in determining which case to use after two-way
prepositions. For
example, the expressions denken an (think about), warten
auf (wait for), and sprechen über (talk about) take
accusative objects, although there is no motion toward the
objects; in fact, über takes an accusative object
whenever it means "about." Examples:
Ich habe immer nur an dich gedacht.
Das arme Kind muß jeden Tag auf seine
Mutter warten.
Hoffentlich werden wir über die neuen
Filme sprechen.
Other motionless expressions involving two-way prepositions
with accusative objects are sich wundern über (marvel
at), sich erinnern an (remember), and sehen auf
(look at).
* * * * *
Nouns
of quantity are not followed by prepositional phrases in
German.While English says "a cup of
coffee" and "a pound of flour," German
uses eine Tasse Kaffee and ein Pfund Mehl. German
nouns of qualtity, if masculine or neuter, remain singular even
when modified by numbers greater than one, whereas feminine
nouns use their plural forms. Examples: zwei Stück
Kuchen, zwei Portionen Eis.
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With prepositions taking dative and/or
accusative objects, Germans usually replace a neuter personal
pronoun (in English, "it" and "them," ie.e,
more than one "it") with the prefix da-
or, if the preposition begins with a vowel, dar-. The
resulting words are called da-compounds. Examples:
Ich habe dir gestern Geld gegeben. Was hast
du schon damit
(with it) gemacht?
Das Fahrrad ist schon sehr alt. Ich kann
Ihnen nicht viel dafür
(for it) geben.
Links siehst du einen kleinen Tisch, und darauf
(on it) oder darunter (under it) liegt
das Buch.
Rechts steht die Kirche und links steht die Schule, und dazwischen
(between them) geht ein enger Gang.
* * * * *
Like
sein, werden can be followed by a predicate
nominative, e.g., Sie ist eine militärische Ärztin
geworden.
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